So war es …Kartoffelwurst-Angriff auf Lachmuskeln angesichts des Todes

„Sie werden lachen, es geht um den Tod“ – ein Impro-Theater, das sich auf witzige Weise mit Tod und Sterben beschäftigt, gab es noch nie in Alsfeld. Dazu eingeladen hatte am Donnerstagabend die Lichtermeer-Stiftung gemeinsam mit dem Hospizverein Alsfeld e.V. und dem Hospizdienst im Vogelsberg. Den Abend im Kubus der Villa Raab bestritten die Schauspielerinnen und Theaterpädagoginnen Christine G. Holzer und Simone Schmitt, die unter dem Namen „Tabutanten“ dem Thema Tod bisher unbekannte Seiten entlockten.

Der Theaterabend sei der Beginn einer neuen Veranstaltungsreihe, gab Tanja Bohn, Ratsvorsitzende des Stiftung Lichtermeer, in ihrer Begrüßung bekannt. Gemeinsam mit den anderen Veranstaltern wolle man regelmäßig dazu beitragen, ein oft und gerne verdrängtes Thema in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. „Sich auf den letzten Lebensabschnitt vorzubereiten, kann dazu beitragen, in einem würdevollen Umfeld zu leben und gemeinsam mit den Angehörigen diese Zeit zu gestalten“, formulierte Bohn einen Ansatz der Hospizangebote, deren Vertreterinnen und Vertreter dies noch verdeutlichten.

Den Hospizdienst Vogelsberg und den Hospizverein Alsfeld e.V. stellten die beiden Vorsitzenden Heide Fink und Susanne Liebl vor. „Wir möchten kranken und sterbenden Menschen zur Seite stehen und ihre Angehörigen unterstützen – nicht erst in der letzten Phase, sondern schon früher und als Trauerbegleitung auch darüber hinaus“, sagte Fink und machte gemeinsam mit Liebl Mut, sowohl die Dienste der Hospizbegleiterinnen und -begleiter anzunehmen als auch selbst über ein Ehrenamt auf diesem Gebiet nachzudenken.

Auch das Palliativteam Waldhessen nutzte den Rahmen, um sich vorzustellen: Aus der Region sprachen dafür Dr. Norbert Sehn und Dr. Robert Ruckelshausen. Sie stellten die Aufgaben der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) vor, die todkranken Menschen zusteht und deren medizinische Versorgung, insbesondere Linderung von Schmerzen, Übelkeit und Luftnot, gerade im häuslichen Umfeld rund um die Uhr gewährleisten soll. Alle Organisationen standen auch nach dem Theater noch zum Austausch bereit.

Und dieses hatte es nun wirklich in sich: Nach einer kleinen theoretischen Einführung in die Welt des Improvisationstheaters gab das Publikum den Schauspielerinnen Stichworte mit regionalen Bezügen: Schöne Orte, leckeres Essen. Auch Assoziationen zu den Themen Leben, Tod und Liebe sammelten die beiden auf einem Flipchart und mischten diese furchtlos in verschiedenen Szenen zu einem bunten Cocktail aus absurden Situationen und kreativen Gedanken zum Thema Tod: Warum nicht eine Urne in Form einer Kartoffelwurst auf den Geburtstagstisch stellen und die Gäste zu Gesprächen darüber auffordern – selbst auf die Gefahr hin, dass diese dann einen „hohen Rotskopf“ bekommen? Und warum nicht den Tipp eines schlauen Kindes beherzigen, das der Meinung ist, dass Schokolade lutschen anstatt sie schnell runterzuschlucken, das Leben um so viel genussreicher macht, dass man am Ende auch mit einer kürzeren Lebenszeit mehr gelebt hätte – vorausgesetzt natürlich, dass man seine Schokolade immer lutscht!

Die Tabutanten bestachen zum einen durch Esprit, Witz und sprudelnde Ideen, zum anderen aber auch durch ihre vielen verschiedenen Sprachen und Dialekte, die sie einfließen ließen. Und bei all dem verließen sie nie den schmalen Grat zwischen Slapstick und Respekt. Auch nicht, als sie sich auf dem Friedhof auf dem Frauenberg schon mal ein Grab mit Blick auf das Storchennest aussuchten (und dabei wie von selbst die Verbindung von Tod und Geburt fanden), oder die Hospizbegleiterin einem Sterbenden gestand, dass sie mit ihrer Anwesenheit bei ihm nur Praktikumspunkte sammelt, sie ihn dafür aber gerne mit einem Joint belohnt. Dass die Hospizbegleiterin, um die vielen Stichworte des Publikums aufzugreifen, gerne Bananen in Eierlikör tunkte und damit vielleicht den Grundstein für einen veritablen neuen Glückscocktail gelegt haben könnte, quittierten die Besucherinnen und Besucher mit schallendem, ausgelassenem Gelächter, das sich bei vielen einfach Bahn brach und zu Tränen führte, die nichts, aber auch gar nichts mit Schmerz oder Tod zu tun hatten.

Oder doch? So gab es am Ende dieser vergnüglichen Stunde tosenden Applaus, für den sich Christine G. Holzer und Simone Schmitt ihrerseits mit einer irrwitzigen Glücksanleitung auf Dänisch bedankten – die Quintessenz: Mit einer Kartoffelwurst – quer im Mund – zaubert man sich selbst ein Lächeln ins Gesicht und kann sich des Glücks kaum noch erwehren.

Zum Abschluss des Abends versprach Tanja Bohn, dass diese Veranstaltung, die im Nu ausverkauft war, im Frühjahr wiederholt werde: „Alle Infos zu Ort und Vorverkauf werden frühzeitig bekanntgegeben.“